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Gemeindeverwaltung und Politik denken über die Einführung eines sogenannten 'Bürgerbusses' nach, wie es ihn bereits in 80 Kommunen in Nordrhein-Westfalen gibt. Hintergrund der Überlegungen ist die demographische Entwicklung, die für die Zukunft von einem zunehmenden Anteil älterer Bürger ausgeht. Ein zusätzliches Verkehrsmittel könnte einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Mobilität der Bürger außerhalb des Hauptortes zu erhalten.
Erschwerend kommt hinzu, daß der Linienbusverkehr in den vergangenen Jahren in Bezug auf Routen und Frequenz reduziert wurde. Aus Kostengründen wurde Ende 2006 auch das 'Anruf-Sammel-Taxi' (AST) eingeschränkt, indem nur noch Fahrten zu den Hauptorten Much und Marienfeld möglich sind, Querverbindungen zwischen kleineren Ortsteilen aber eingestellt wurden. Ein 'Bürgerbus' könnte die Lücke zwischen den beiden bestehenden Angeboten schließen. Vom Linienverkehr, der nur auf den Hauptrouten verläuft, sind viele Ortschaften abgeschnitten. Hier könnte der 'Bürgerbus' den Bedarf abdecken und "über die Dörfer" ins Zentrum fahren.
Ein 'Bürgerbus' soll absichtlich nicht Routen der öffentlichen Verkehrsbetriebe ersetzen, sondern zusätzliche Verbindungen schaffen. Dabei steht das neue Verkehrsmittel teilweise in Konkurrenz zum 'Anruf-Sammel-Taxi'. Andererseits soll ein 'Bürgerbus', so das vorgeschlagene Konzept, nicht alle der vielen Außenorte abdecken, sondern sich auf vier Linien beschränken, die von Wellerscheid, Marienfeld, Kranüchel und Hevinghausen zum Hauptort führen. Das 'Anruf-Sammel-Taxi' hingegen erhält seine Bedeutung in den kleineren Ortslagen und in den Abendstunden, da ein 'Bürgerbus' nur tagsüber verkehren würde. Durch die Kosteneinsparung des dann unnötigen Taxi-Verkehrs auf den Hauptrouten könnte dessen Verkehr zwischen den kleineren Ortschaften wieder intensiviert werden.
Der Vorteil eines 'Bürgerbusses' liegt in seinen günstigen Fahrpreisen. Diese würden durch einen Trägerverein, der Mitgliedsbeiträge einnimmt, durch Sponsoren und insbesondere durch das Engagement ehrenamtlicher Fahrer/innen ermöglicht. Als Beispiel aus der Nachbarschaft dient der 'Bürgerbus Lohmar e.V.' Erst vor einem halben Jahr gegründet, verbindet der 8-sitzige Kleinbus mit bequemem Einstieg in stündlichen Routen die Außenbezirke des Hauptortes Lohmar sowie Donrath mit dem Ortszentrum. Und dies bereits kostendeckend, wie Helene Krotky, die 1. Vorsitzende des Vereins, in der Sitzung des Planungs-Ausschusses in Much zu berichten wußte.
In einer Modellrechnung, die Dr. Constantin Zirz für die Verwaltung durchgeführt hat, wird - wie in Lohmar - ein Fahrpreis von 1,50 Euro pro Fahrt zugrundegelegt. Im ersten Jahr wird ein Fahrgast-Aufkommen von 6.000 Personen, im zweiten Betriebsjahr eines von 12.000 Personen prognostiziert. Dem öffentlich finanzierten 'Anruf-Sammel-Taxi' wird durch das neue Angebot ein Rückgang von 6.000 auf 4.500 Fahrgäste unterstellt. Zusammengerechnet ergibt sich ein deutliches Plus von 6.000 auf 16.500 Beförderungen - ein Gewinn an Mobilität bzw. ein Rückgang des Individualverkehrs mittels PKW.
Für die vier Routen, die der 'Bürgerbus' abdecken könnte, würde eine Gesamtfahrzeit von zwei Stunden benötigt. Bei einem Fahrbetrieb von 9 bis 19 Uhr könnten alle Linien fünfmal täglich hin und retour bedient werden. 200 Kilometer würde der Kleinbus dabei täglich zurücklegen, bei 250 Betriebstagen also 50.000 Kilometer im Jahr. Die Zahl von 12.000 Beförderungen jährlich wird bereits erreicht, wenn pro Fahrt nur statistische 1,2 Fahrgäste an Bord sind, bei 40 Einzelrouten 48 Mitfahrer pro Tag. Wenn täglich zeitversetzt zwei Fahrer im Einsatz sind und diese alle 10 Werktage wieder an der Reihe wären, werden insgesamt 20 ehrenamtliche Fahrer benötigt.
Die voraussichtlichen Kosten könnten nach der Modellrechnung schon im zweiten Betriebsjahr gedeckt werden. Solange müßte die Gemeinde durch einen Verlustausgleich zum Betrieb des Busses beitragen. Die Anschaffungskosten des Fahrzeugs in Höhe von 50.000 Euro würden zu zwei Dritteln durch Landeszuschüsse abgedeckt. Für die Abschreibung, die Wartungs- und Betriebskosten, die Infrastruktur (Haltestellen, Fahrscheine etc.), Werbung und sonstige Kosten werden rund 30.000 Euro jährlich benötigt. Bei 12.000 Fahrgästen würden sich die Einnahmen auf 18.000 Euro belaufen. Durch Sponsoring, Werbung auf dem Fahrzeug, Sonderfahrten und Mitgliedsbeiträge des Vereins soll der Restbetrag aufgebracht werden.
Der Planungs-Ausschuß der Gemeinde beschloß einstimmig, die konkrete Planung und die Einrichtung eines 'Bürgerbusses' vorzunehmen sowie eine Informations-Veranstaltung anzuberaumen, um das Interesse aus der Bevölkerung zur aktiven Mitarbeit zu prüfen. Vor gut 20 Jahren gab es übrigens schon einmal den Vorschlag, einen 'Bürgerbus' einzurichten. Damals wurde die Idee nicht weiterverfolgt, stattdessen wurde die Einführung des 'Anruf-Sammel-Taxis' beschlossen. (cs)
Nähere Informationen zur Thematik können auf der Website der Dachorganisation, 'Pro Bürgerbus NRW e.V.', eingesehen werden : www.pro-buergerbus-nrw.de